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Die Kunst der Pause.

In einem Musikstück können noch so viele Noten auf wunderbarste Weise komponiert sein, doch wenn die Pausen fehlen, ist es unvollkommen. So verhält sich das auch in unserem Leben.  Die Pause grenzt die unterschiedlichen Aktivitäten und Zustände voneinander ab und gibt dem, was folgt, erst seine Bedeutung.  Das Alte kann abgeschlossen und das Neue mit frischer Energie begonnen werden.

 

Meist verstehen wir Pausen als Luxus, den wir uns gönnen, wenn wir mal Zeit haben. Wenn wir jedoch so denken, verpassen wir unser Leben. Wie das Musikstück verliert unser Leben ohne Pausen seine Schönheit und seine Sinnhaftigkeit.

Pausen schaffen Ordnung und Struktur, notwendige Unterbrechungen, Integration und Regeneration. Unsere ToDo-Liste schaffen wir nicht schneller, wenn wir die Pausen weglassen. Gerade im emsigen Japan, wo Vielarbeit an der Tagesordnung ist, weiß man, wie essentiell Unterbrechungen sind. 90 Minuten dauert die maximale Konzentrationsspanne – danach nimmt unsere Effizienz ab. Nicht nur, weil viele Japaner°innen bis nachts im Büro bleiben, sondern wegen dieser Pausen stehen an vielen Arbeitsplätzen Betten zur Verfügung.

 

Der Benediktiner-Mönch Anselm Grün hat in seinem Buch über das Klosterleben („Klarheit, Ordnung, Stille: Was wir vom Leben im Kloster lernen können“) beschrieben, wie sehr die Pause den Alltag prägt. In diesem Fall in Gestalt des Gebets. Es unterbricht mehrmals im Laufe des Tages die Arbeit der Mönche – und dennoch erledigen sie ihr Tagewerk bemerkenswert effizient. Die Pause bedeutet also nicht zwangsläufig, dass wir schlafen, uns ausruhen oder nichts tun müssten. Sie ist lediglich eine Unterbrechung vom vorherigen Tun. Wenn wir bei unserer Arbeit viel sitzen, könnte eine Pause bedeuten, dass wir zwischendurch aufstehen, spazieren gehen oder wild durch den Raum tanzen. Wichtig ist, dass wir Kraft tanken und etwas tun, das einen Ausgleich schafft.

Verpassen wir die Pause, gönnen wir uns keine Regeneration, gibt es keinen Flow, kein Hochgefühl beim Arbeiten, Sporteln oder Kreativsein. Bevor wir etwas leisten oder erschaffen können, müssen wir aufgeladen sein mit guter Energie.

Wir können uns bewusst machen, dass alle Lebensenergie, unsere Vitalität nur im Jetzt-Moment zu finden ist. Nicht im Gestern oder im Morgen. Wenn wir präsent werden und zu hundert Prozent anwesend sind, verbinden wir uns unmittelbar mit aller Kraft, die uns zur Verfügung steht.

 

Wir lernen auch nicht besser, wenn wir ununterbrochen über den Büchern oder am Computer sitzen. Im Gegenteil ist das der sicherste Weg in Richtung Nervenzusammenbruch und Burn Out.  Wer etwas lernen will, benötigt Pausen, um das Gelernte zu verinnerlichen. Das gilt übrigens auch für das große Lernen im Leben. Wir müssen unsere Erlebnisse und Erfahrungen verdauen können, erst dann stehen sie uns als Weisheit zur Verfügung. Rennen wir durch unser Leben ohne innezuhalten, zu reflektieren und zu verarbeiten, sammeln wir nur lose Enden an, die so gut wie bedeutungslos sind.

 

Eigentlich wissen wir alle nur zu gut, dass wir Pausen brauchen.

 

Nur, warum vernachlässigen wir die Kunst der Pause dennoch so sehr?

 

Wegen der Zeit. Die Zeit drängt. Es gibt nicht genug Zeit. Innerhalb von zu wenig Zeit gibt es zu viel zu tun. Zumindest dann, wenn wir uns auf dieses Spiel einlassen, es verpassen, Prioritäten und Grenzen zu setzen. Wer alles perfekt erledigen will, wird den ToDos und der Zeit immer hinterherrennen. Ganz besonders zum Jahresende hin entsteht oft Stress, weil noch so vieles zu erledigen ist. Damit man dann ein ruhiges und besinnliches Fest feiern kann?!

 

Wenn wir mit dem Rhythmus der Jahreszeiten gehen, wissen wir, dass in der jetzigen dunklen, kälteren Zeit Rückzug angesagt ist, Einkehr, die lange Pause. Leben wir entgegengesetzt, verpassen wir eine wundervolle Gelegenheit. Nutzen wir diese Phase als Regeneration, anstatt so weiterzumachen wie immer (oder noch mehr Gas zu geben), können wir im Frühjahr mit den Pflanzen wieder aufblühen.

 

Manchmal bekommen wir Pausen geschenkt, einfach so. An der roten Ampel, im Stau, beim Einkaufen an der Kasse oder wenn jemand eine Verabredung absagt. Wir könnten in diesen Momenten tief durchatmen, wieder bewusst werden, weil der Alltag für einen Moment still steht. Doch anstatt uns mit uns selbst zu verbinden, verbinden wir uns mit anderen, indem wir das Smartphone zücken. Oder wir lassen uns ablenken und schauen eine Serie, lesen Nachrichten, durchsuchen Shoppingseiten. Das Gefühl, immer etwas tun zu müssen, weil wir sonst nicht wertvoll oder effizient genug sind, ist für die meisten zum Standard geworden.

All das sind Gewohnheiten. Wir können uns aber auch die Pause angewöhnen. Wir können diese Mikropausen bewusst nutzen,  anstatt gestresst darauf zu reagieren, weil es schon wieder nicht weitergeht. Wir können tief durchatmen und das Hier und Jetzt wahrnehmen. Und im Nu fahren die Hormone runter, die uns schlecht gelaunt, unruhig und krank machen, während die Gutelaune-Hormone ansteigen.

 

Wir können durch diese kleinen zufälligen Momente oder auch länger in Meditationen die Pause, die Stille wählen. Die Wahl zu haben in einer von Hektik bestimmten Zeit ist der Ausweg aus dem Stress, dem Zeitmangel, dem Zuviel an Eindrücken.

 

Pause.

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Ich wünsche dir eine stille und besinnliche Zeit.