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Warum Meditation wirkt.

Wir leben in einer Zeit, in der die Wissenschaft so gut wie alles untersuchen und beweisen kann. So nahm sie auch die alten Traditionen zur Gesunderhaltung von Körper, Geist und Seele unter die Lupe. Es ist nicht so, als habe man einen Beweis gebraucht, dass Ayurveda, Yoga oder Meditation funktionieren; jeder Anwender und Übender ist Beweis genug. Zusätzlich hatten Therapeuten und Ärzte bereits festgestellt, dass Schmerzpatienten messbar sowie subjektiv empfunden weniger Schmerzen hatten und die Medikamenteneinnahme reduziert bis eingestellt werden konnte. In Therapien beobachtete man, dass Patienten, die regelmäßig meditierten, besser mit ihrem Trauma umgehen konnten, Angststörungen ebenso wie Depressionen nachließen. Krankheiten, die auf eine Überaktivität des Sympathikus – also dem aktivierenden Teil unseres Nervensystems – zurückgehen, konnten schnell gemildert und auch geheilt werden: Bluthochdruck, Herzinfarktrisiko und Schlaflosigkeit, um nur einige zu nennen.

 

Diese Wirkungen sind auch ohne MRTs und Blutuntersuchungen leicht erklärbar:

 

Als Sinneswesen nehmen wir ständig Reize auf. Wir sehen, hören, riechen, schmecken und fühlen. Dadurch sind wir fast immer nach außen gerichtet, nehmen diese Informationen mit nach innen, dort verarbeitet sie unser Gehirn und das wiederum löst eine Kettenreaktion aus. Wir bewerten die Sinneseindrücke, dadurch wird ein Gefühl erzeugt, dieses Gefühl führt dann zu einer passenden Hormonausschüttung, zu einer Äußerung, einer Handlung oder einem bestimmten Verhalten.

Diese Vorgänge haben unser Überleben gesichert, denn sie teilen uns mit, ob alles gut und sicher ist oder ob Gefahr droht. Mittlerweile sind wir Menschen jedoch auf einem ganz anderen Level angekommen. Unser Denken ist viel komplexer als das eines Steinzeitmenschen, bei dem es vor allem um Wegrennen oder Bleiben ging. So sind wir ständig mit Gefühlen von gestern und morgen beschäftigt, mit Zuneigung und Abneigung, mit Vorurteilen – auf den Punkt gebracht: Wir sind nicht neutral und das bringt Unruhe und Stress. Hinzu kommen die laute Umwelt und die vielen und schnellen Reize durch das Smartphone.

Durch Meditation wirken wir dem bewusst entgegen. Im Sanskrit wird dies Pratyahara genannt: Der Rückzug der Sinne. Wir ziehen uns also zurück in uns selbst, schließen äußere Reize mehr und mehr aus – und unser Zeitgefühl verlangsamt sich. Ein kleiner Test: Nimm für zehn Atemzüge die beiden großen Zehen wahr. Und schon sind die Sinneseindrücke fokussierter und reduzierter, damit auch die Gedanken und Gefühle und der Atem langsamer und bewusster. Nach nur zehn Atemzügen. Auf diese Weise kann der Parasympathikus – unser Ruhe- und Erholungsnerv – den Sympathikus ablösen, die Nerven entspannen, weil es weniger Informationen zu verarbeiten gibt.

 

Im nächsten Schritt der Meditation werden uns viele der in uns gespeicherten Informationen bewusst: Wer sich still hinsetzt, kann durchaus erst einmal überwältigt sein von der Flut der Gedanken, die schon die ganze Zeit da sind – sie nun aber, ohne die Ablenkung durch äußere Reize, wahrnimmt. Dieses Wahrnehmen der Gedanken hilft, im Bewusstsein und Unterbewusstsein Ordnung zu schaffen. Mentalhygiene. Und mit der Zeit – auch, wenn das mal an manchen Tagen nicht klappt – wird diese Gedankenflut weniger. Wir lernen nämlich, die Gedanken und damit zusammenhängende Gefühle schneller loszulassen.

Diese Wirkung hat sich die Forschung mittels MRT angesehen und Erstaunliches festgestellt: Die Amygdala, der Mandelkern, in der Mitte des Hirns ist unser Angstzentrum. Wenn wir uns viel sorgen, Ängste haben oder an Depressionen leiden, ist dieser Bereich vergrößert. Durch Meditation verkleinert er sich und wird weniger aktiv – und das ist wichtig für die Heilung von Angststörungen, Trauma und Depressionen. Schon nach acht Wochen regelmäßiger Meditation (wobei „regelmäßig“ der springende Punkt ist) ist eine Veränderung messbar.

 

Während der Mandelkern sich verkleinert, werden andere Bereiche größer: Darunter der Hippocampus – wichtig für unser Gedächtnis, fürs Lernen und auch für die Regulierung unserer Gefühle. Im Blut nachweisbar ist die Menge an Entzündungsstoffen (Zytokine), die zu chronischen Erkrankungen, einem schwachen Immunsystem, Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs, Diabetes, Alzheimer und Demenz führen können. Durch Meditation gehen Zytokine stark zurück und das öffnet uns die Tür für ein gesundes und langes Leben.

 

All diese Ergebnisse waren für mich recht nachvollziehbar, eigentlich nichts Neues. Im Gegensatz zu diesem Forschungsergebnis:

Untersuchungen ergaben, dass Meditation sichtbares Anti-Aging ist! Für unsere Alterung – offensichtlich durch Faltenbildung, weniger offensichtlich durch fortschreitende Organschwäche – ist der Zustand unserer Zellen verantwortlich. So lange sie sich teilen können, erneuern sie sich und damit unseren Körper. Verantwortlich für diese Fähigkeit ist das Telomer, die Schutzkappe des Chromosoms im Zellkern. Durch jede Zellteilung verkürzt sich diese Schutzkappe, bis sie schließlich ganz wegfällt und die Zelle stirbt, sie kann sich nicht wiederherstellen. Je mehr Telomere zerstört werden und Zellen sterben, desto näher rücken wir zunächst Krankheit (vor allem Krebs) und schließlich dem Tod. Nun hat die Forschung aber Folgendes zutage gebracht: Bereits nach sechs bis acht Wochen täglicher Meditation konnte ein erhöhter Telomerasespiegel (das Wachstumsenzym der Telomere) bei Teilnehmern einer Testgruppe gemessen werden, nach drei Monaten ein 30% höheren Telomerasespiegel als bei der nichtmeditierende Kontrollgruppe. Das bedeutet, dass der Alterungsprozess umkehrbar ist durch die Regeneration der Telomere, die durch Meditation tatsächlich wieder länger werden! Das ist großartig und sollte auf Zeitungen, auf Plakaten stehen! Doch dort ist vor allem die Werbung für die beste Anti-Falten-Creme oder die neueste Facelifting-Technologie zu sehen.

 

Die Wirkungen der Meditation sind hier nur im Ansatz beschrieben. Und doch reichen die Gründe bereits aus, sich sofort und ohne zu zögern in die Stille zu begeben, auf dem Weg dorthin einige innere Schweinehunde hinter sich lassend, die sagen: „Ach, du hast doch Wichtigeres zu tun. Machen wir morgen.“

 

Um das „Wie?“ der Meditation geht es im Artikel der nächsten Woche. Denn ich denke (im Gegensatz zu den vielen oben erwähnten Schweinehunden): Jeder kann meditieren!

 

 

Quellen und zum Weiterlesen

  • "Die heilsame Kraft der Meditation", Dokumentation auf arte
  • "Wie die Enden der Chromosomen die Zellalterung beeinflussen", Artikel der Uni Heidelberg
  • "Die lernende Seele", Artikel im Spiegel über Meditation bei Angststörungen, Depressionen und Stress