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Den Dämonen Futter geben.

Im letzten Artikel ging es um Hungergeister – in diesem hier geht es um hungrige Dämonen. Diese Dämonen, von denen hier die Rede ist, sind in uns. Jeder von uns hat innere Dämonen: Wut, Hass, Angst, Ärger, Neid, Panik, Missgunst, Eifersucht, Traurigkeit, Minderwertigkeitsgefühle, Neurosen, Komplexe... Manche sind stärker als andere, manche sind alte Bekannte, andere sind neu oder zeigen sich nur gelegentlich.

 

Was tun wir normalerweise, wenn uns ein solcher Dämon heimsucht?

 

Wenn möglich, unterdrücken wir ihn, schicken ihn fort, weil er unbequem ist. Wir wollen uns unserer Angst nicht stellen, sind uns zu fein oder wähnen uns schon zu spirituell, um uns unserer Wut oder unserem Neid, der Eifersucht zu stellen. Nein, die Trauer muss jetzt auch mal weg sein... Damit bearbeiten wir das Thema jedoch nicht. Durch das Fernhaltenwollen geben wir nur mehr Energie hinein anstatt die Blockaden aufzulösen.

 

Ich persönlich schaue mir solche Thematiken mittlerweile immer energetisch an und löse sie energetisch auf.

 

Es gibt eine Möglichkeit für jeden, auch nicht Energiearbeit Praktizierenden, sich solchen inneren Dämonen zu stellen. Diese Methode kommt aus dem tibetischen Buddhismus und trägt den Namen „Den Dämonen Futter geben“. Das klingt vielleicht zunächst befremdlich, mir ging es so. Was denn für Futter?!

 

Die Idee dahinter ist folgende: Um ein ganzer und heiler Mensch zu sein, ist es wichtig, auf unsere Bedürfnisse zu achten. Manchmal drücken sich diese Bedürfnisse in nicht so schönen Eigenschaften, Gedanken, Gefühlen oder Verhaltensweisen aus. Das sind die Dämonen und sie scheinen uns im Griff zu haben. Aber nur so lange wir nicht hinschauen wollen. Der erste Schritt ist immer die Akzeptanz: „Okay, da meldet sich was in mir, da ist Neid und das kann ich mir nicht schönreden.“ Das ist Radikale Akzeptanz. Ohne Wenn und Aber und Rechtfertigung und Begründung akzeptieren wir eine Situation und öffnen uns ihr. Alleine schon dieses Öffnen besänftigt den Dämon – das kennt er gar nicht. Also wird er stiller und hört auf, an geschlossenen Türen zu rütteln. Wir stellen uns also einem Gefühl, einem Gedanken, der uns irritiert. Und dann befragen wir ihn, um hinter das eigentliche Thema zu kommen und um so unser Bedürfnis zu verstehen. Das Verständnis und das Geben dessen was fehlt, das ist das Futter. Mit dem Füttern verändert sich der Dämon (unser schwieriges Thema), er wird milde, vielleicht verschwindet er. Zunächst vielleicht nur für den Moment, mit Übung aber auch auf Dauer.

 

 

Hier kommt die Praxis.

Bitte erst durchlesen und am besten mit einem wenig dramatischen Thema beginnen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, ob man sich dem gewachsen fühlt, oder heikle Themen lieber in Begleitung angeht.

 

 

 

DEN DÄMONEN FUTTER GEBEN – DIE ÜBUNG

0) Vorbereitung. Du bereitest zwei sichtbare Plätze vor: also zwei Stühle, die zueinander stehen mit etwa 1m Abstand dazwischen. Oder zwei Sitzkissen auf dem Boden. Wähle einen Platz aus – lege fest, dass das dein Platz ist. Der andere wird noch besetzt werden. Setze dich auf diesen Platz und folge den unten stehenden Punkten bis zum Ende.

 

1) Den Dämon finden. Lege ein Thema fest. Zum Beispiel Wut. Nimm Kontakt zu diesem Thema, Gefühl, den dazugehörigen Gedanken auf. Wo und wie im Körper ist es spürbar? Begrüße es: „Na, bist du wieder da? Sollen wir loslegen?“

 

2) Personifizieren & Fragen stellen. Schließe deine Augen und visualisiere auf dem Platz vor dir eine konkrete Gestalt, die dein Thema/Gefühl (z.B. diese spezielle Wut zu deinem spezifischen Thema) ausdrückt. Normalerweise musst du das nicht machen, es kommt von selbst, wenn du dich fragst: „Wenn meine Wut über/auf XY eine Gestalt annehmen könnte, wie würde die aussehen?“ Nimm dir Zeit, sie entstehen zu lassen, sie zu betrachten: Welche Attribute hat sie? Welchen Geruch? Welche Ausstrahlung? Welche Haltung und Größe? Welches Geschlecht? Welche Form?

Nun stellst du Fragen an diese Gestalt, die der Dämon ist:

  • Was verlangst Du von mir?“ (Hier geht es meist um Aufmerksamkeit.)

  • Was brauchst Du wirklich?“ (Hier geht es meist um das tatsächliche Bedürfnis.)

  • Wie fühlst Du Dich, wenn Du bekommst, was Du brauchst?“

    • Dann setzt du dich sofort auf den Platz des Dämons. Wenn möglich mit geschlossenen Augen, sodass die Visualisierung bleibt.

3) Selbst der Dämon werden & antworten. Du sitzt nun auf dem Platz des Dämons und blickst aus seiner Perspektive auf den Platz, wo dein eigentliches, normales Ich sitzt. Durch den Platzwechsel setzt du dich mit einem unliebsamen Teil in dir selbst auseinander und trittst in einen inneren Dialog. Du als der Dämon antwortet dir (dem Ich auf dem Platz, auf dem du gerade noch gesessen hast) laut oder nur in Gedanken:

  • Was ich verlange, ist...“ (z.B.: ...dass du endlich mal für dich selbst eintrittst“)

  • Was ich brauche, ist...“ (z.B. … Akzeptanz, Liebe und Wertschätzung.“)

  • Wenn ich bekomme, was ich brauche, fühle ich...“ (z.B. Erleichterung und Stabilität, geliebt und wahrgenommen.“)

4) Den Dämon füttern. Direkt nach allen Antworten – möglichst mit geschlossenen Augen und ohne den Dämon mitzunehmen – auf den eignen Platz zurück setzen. Du bist nun wieder du selbst! Schau dir an, wie oder ob der Dämon sich jetzt schon verändert hat. Erzeuge nun in dir das Gefühl, das der Dämon braucht. Im Beispiel unter Punkt 3 war das „Akzeptanz, Liebe und Wertschätzung“. Erzeuge dies in dir selbst, sodass du das Gefühl hast, nur noch aus diesen Gefühlen zu bestehen. Damit fütterst du den Dämon bis er satt ist – wie auch immer das für dich aussehen mag. Vielleicht wie Dampf, der von dir zu ihm übergeht und den er einatmet. Beobachte die Veränderungen und gib ihm so lange diese Nahrung bis du das Gefühl hast, dass es für den Moment gut ist. Es gibt keine bestimmte Form oder dass er verschwunden sein müsste. Es muss sich gut anfühlen und so, dass du weißt: „Jetzt ist es genug.“

 

5) Sitze für einige Momente bewusst und ruhig. Nimm alles wahr. Wie fühlst du dich jetzt. Wie fühlt sich das bearbeitete Thema an? Bevor du die Übung beendest und aus der Situation rausgehst, indem du deinen Platz verlässt.

 

Diese Folge kannst du für sämtliche Dämonen anwenden, die du in dir fühlst. Es ist auch in Ordnung, mehrere Dämonen hintereinander zu füttern, wenn du dich gut damit fühlst.

Meist ist es so, dass derselbe Dämon irgendwann wiederkehrt. Den kennst du dann schon und auch, was er braucht. Wenn als der im Beispiel erwähnte Wut-Dämon wiederkommt, weißt du nun schon, was er braucht. Dieses Futter kannst du ihm direkt geben und kannst Punkt 2 und 3 überspringen. Gelegentlich ändert sich der Bedarf der Nahrung. Das kommt bei vielschichtigen Themen vor. Du merkst es daran, dass sich der Dämon nicht oder nur kaum verändert, obwohl du ihn fütterst. Dann hast du eine neue Ebene des Themas erreicht und du nimmst Punkt 2 und 3 wieder hinzu.

 

Liebe Grüße an den Dämon und viel Erfolg!

 

 

 

Quelle

Matthias Ennenbach "Praxisbuch Buddhistische Psychotherapie - Konkrete Behandlungsmethoden und Anleitung zur Selbsthilfe"

Tsültrim Allione "Den Dämonen Nahrung geben: Buddhistische Techniken zur Konfliktlösung"