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Was ist eigentlich Herzkohärenz?

Atemtherapeuten nutzen sie schon längst und die Hirnforschung kennt sie auch. Genauso wie wir YogiNIs – ohne vielleicht den Begriff zu kennen: Herzkohärenz wird immer bekannter.

Kohärenz bedeutet Ordnung. Ordnung im Sinne von ineinandergreifend zusammenhängen, Harmonie, Gleichklang. Ein einleuchtendes Beispiel aus der Physik beschreibt Wilfried Ehrmann in seinem Buch „Kohärentes Atmen“:

Im physikalischen Experiment werden Metronome auf eine beweglich aufgehängte Platte gestellt. Die Metronome sind mit leicht unterschiedlichen Rhythmen eingestellt. Nach kurzer Zeit ticken die Metronome im genau gleichen Rhythmus, sie haben sich aufeinander abgestimmt, sie haben in Selbstorganisation Kohärenz erzeugt.“

 

Hier geht es also um Selbstregulierung – ein Prozess, der im gesunden menschlichen System auf den Ebenen Körper, Emotionen, Geist und Energie fortwährend stattfindet.

Die Betonung liegt auf gesund.

 

Aus vielen Gründen, die vor allem in unserer heutigen schnelllebigen Zeit und in der Entfremdung von der Natur liegen, ist uns diese Fähigkeit zu einem großen Teil abhanden gekommen.

Ganz besonders sieht man das an unserem autonomen Nervensystem. Der aktive Anteil (Sympathikus) und der passive regenerierende Anteil (Parasympathikus) sind bei den wenigsten noch im Lot. Durch die vielen Reize, Informationen, Bildschirmlicht und durch die ständige Verfügbarkeit durch Handy und soziale Netzwerke ist unser Nervensystem verwirrt und zumeist im Wachsamkeitsmodus, selbst wenn wir schlafen.

Das merken wir zum Beispiel daran, dass unser Schlaf-/Wachrhythmus nicht mehr stimmig ist: Wenn wir schlafen wollen, können wir entweder nicht einschlafen oder schlafen nicht durch. Und wenn wir wach sind, sind wir müde.

Frauen merken das auch an einer unregelmäßigen oder schmerzhaften Menstruation.

Und insgesamt fühlen wir uns vielleicht müde, abgespannt, verspannt, unter Strom, brauchen Genussmittel, um „runterzukommen“ und sind nicht so leistungsfähig, konzentriert und vital wie wir das gerne wären. Manch sind vielleicht sogar bereits im Burnout oder in einer Depression als Folge einer andauernden Inkohärenz.

 

 

Wie kommt es genau zu Kohärenz oder Inkohärenz?

Das Herz ist unser ultimativer Taktgeber.

Der Herzschlag gibt den Takt an das Gehirn weiter (man spricht daher auch von Herz-Hirn-Kohärenz), daraufhin bestimmt das Gehirn als Steuerzentrale, welche Hormone ausgeschüttet werden. Darauf reagiert dann der gesamte Körper, alle Organe, Muskeln, unser Säure-Basen-Haushalt, unsere Verdauung und unser Zellstoffwechsel, was gleichbedeutend mit Immunsystem ist. Auch unser Gemütszustand ist davon betroffen: Fühlen wir uns entspannt und konzentriert oder ängstlich, panisch, wütend? Auch das wird vom Herzen ausgehend beeinflusst.

Wenn wir in einem herzkohärenten Zustand sind, bekommt unser Hirn symmetrische Signale. Der Ausgleich von rechter und linker Hirnhälfte verstärkt automatisch den Entspannungseffekt.

Bei Inkohärenz sendet das Herz keine symmetrischen Signale und auch das Hirn gibt keine Entspannungs-Signale an das Nervensystem.

 

Herzkohärenz bedeutet nicht, dass das Herz besonders langsam oder gleichmäßig schlägt – im Gegenteil.

Wir dürfen durch Aufregung oder körperliche Anstrengung einen schnelleren Herzschlag haben, aber: er muss wider schnell in eine ruhigere Frequenz zurückfinden können.

Dass sich das Herz den Bedingungen anpasst, also flexibel ist, nennt man Herzschlagvariabilität und ist messbar als Herzschlagvariabilitätsrate (HRV). Je höher dieser Wert ist, desto besser. Denn ein hoher Wert bedeutet, dass nicht nur der Herzschlag schnell anpassungsfähig ist, sondern auch die zugehörigen Hormonausschüttungen.

Ist der HRV-Wert niedrig, hängen wir unter Umständen ständig im Stressmodus fest und kommen nicht einen entspannten Zustand zurück, der aber ganz wichtig ist, damit wir uns vom vorangegangenen Stress erholen können.

 

In den vorangegangenen Artikeln ging es immer wieder um den Vagusnerv (ja, der wichtigste Hirnnerv des parasympathischen Systems fasziniert mich). Die Herzkohärenz oder -inkohärenz hat natürlich auch Auswirkungen auf den Vagus mit all seinen wichtigen Thematiken für unser körperliche und seelische Gesundheit. Herzinköhranz, also ein niedrigen HRV-Wert wirkt sich negativ auf ihn aus. Anstatt uns zu einem vitalen, offenen, lächelnden und sozialen Menschen zu machen übernimmt der dorsale Vaguszweig und lässt uns körperliche Schmerzen, Unruhe, Angst, Panik, Wut spüren. Der Flucht-Kampf-Starre-Modus bleibt aktiv und wir ziehen uns mit aller Wahrscheinlichkeit immer mehr zurück.

 

Durch gezieltes Training der Herzkohärenz können wir die Fähigkeit zur natürlichen Selbstregulierung wiedererlangen. Nicht nur das, wir können uns auch ein dickeres Fell zulegen, Resilienz genannt. Übungen, die die Herzkohärenz trainieren, erhöhen den HRV-Wert und verbessern damit den Zustand des Vagusnervs und auch unsere Fähigkeit zur Homöostase: die natürliche Selbstregulierungsfähigkeit unserer Physis, unseres Geistes und unserer Emotionen. Homöostase ist für mich gleichbedeutend mit Gesundheit, Langlebigkeit (Stichwort Telomere) und Glücklichsein. Yogisch formuliert: alle Koshas werden durchlässig, können miteinander kommunizieren und kommen in Harmonie, sodass der innerste Kern, der Blizz Ponit (Glückseligkeit) spürbar wird.

 

 

Herzkohärenz ganz praktisch.

Herzkohärenz wurde in den letzten Jahren ausführlich studiert. Das HeartMath Institute aus den USA hat wissenschaftliche Methoden entwickelt, um Herzkohärenz messen zu können. Ein spannender Bericht stammt aus den Niederlanden. Die dortigen Polizisten bekamen im Rahmen von Resilienz-Trainings regelmäßig Herzkohärenz-Unterricht. Zum einen wurde die Herzkohärenz gemessen, sodass die Veränderungen am Computer sichtbar werden. Zum anderen wurden die Polizisten befragt:

"Wie hat sich dein Leben durch die herzkohärente Atmung verändert?"

 

Eine junge Polizistin stellte fest, dass sie bei Prüfungen weniger aufgeregt sei und dass sie, bisher übergewichtig, zudem deutlich innerhalb von nur fünf Monaten abgenommen habe, ohne ihr Ess- oder Bewegungsverhalten verändert zu haben. Ihren Grundzustand beschrieb sie als viel entspannter und auch ihr Schlaf habe sich dadurch verbessert.

Ein anderer Polizist, ein älterer Herr und Berufstaucher bei der Polizei, hatte Bluthochdruck, sodass sein Arzt ihm verbot, zu tauchen. Durch die herzkohärente Atmung konnte er seinen Blutdruck deutlich messbar senken.

Auch ein ehemaliger Soldat mit posttraumatischer Belastungsstörung, wie sie üblich ist durch traumatische Erfahrungen in Kriegsgebieten, teilte seine Erfahrungen: „Es hat mir viel Frieden gebracht.“ Wenn ihn seine Erlebnisse in Albträumen heimsuchen, kann er sich mittlerweile helfen, indem er dann atmet, wie er es im Herzkohärenz-Training gelernt hat und dadurch wieder zu Ruhe und zurück in den Schlaf findet.

 

Wer die Technik der Herzkohärenz verinnerlicht hat durch regelmäßige Übung im Ruhezustand, kann sie auch mit Leichtigkeit in herausfordernden Situationen anwenden, so, wie es die niederländischen Polizisten von ihren Einsätzen berichten. Dabei betonen sie, dass sich ihre Aufmerksamkeit und klares Denken verbessern, sodass sie unter Druck die richtigen Entscheidungen treffen können.

Ich finde es wunderbar, dass Menschen, die so viel Verantwortung für andere, aber auch für sich selbst tragen, diesen Schritt gehen und über Herzkohärenz nicht nur ihr Leben verändern. Wir müssen aber keine Polizisten, Manager oder Ärzte sein um zu sagen: Ich brauche das auch!

Jede°r von uns braucht das, jede°r sollte in den Zustand von Herz-Hirn-Kohärenz kommen. Für uns selbst im Alltag, für unsere Fähigkeit, richtige Entscheidungen zu treffen, für unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit. Aber auch für andere. Ganz besonders Eltern für ihre Kinder, Lehrer für ihre Schüler. Jeder, der mit anderen Menschen in Kontakt ist, kann einen positiven Effekt auf sein Gegenüber haben, wenn innere Harmonie nach außen strahlt.

Das HeartMath Institute geht soweit zu sagen: „Nach jahrzehntelanger Forschung hat das HeartMath Intsitute entdeckt, dass das Üben der Herzkohärenz dazu beitragen kann, das kollektive Energiefeld unseres Planeten zum besseren zu verändern.“

 

Wer sich schwer tut mit kollektiven Energiefeldern, kann sich vielleicht den Worten des Dalai Lama leichter öffnen: „Wenn jedes achtjährige Kind auf der Welt meditieren lernt, wird es innerhalb einer Generation auf der Erde keine Gewalt mehr geben.“

Das Achtjährige Kind kann man problemlos mit jedem beliebigen Alter ersetzen. Es geht darum, dass eine innere Ordnung und Harmonie immer auch eine äußere Ordnung und Harmonie bewirkt.

 

Um in Krisenzeiten wie diesen oder auch nur im anstrengenden Alltag nicht nur überleben, sondern leben zu können, brauchen wir Widerstandskraft. Ansonsten können wir leicht im Chaos der Ereignisse und der Stimmungen und der Ungewissheit untergehen. Daher habe ich einen ganz besonderen yogischen 21-Tage-Adventskalender gebastelt. Ich finde, er passt bestens in diese Zeit.

 

Vom 1. bis 21. Dezember biete ich einen Online-Workshop an:

21 Tage Herzkohärenz. Für Freude, Stabilität und Lebendigkeit“.

Alle Details findet ihr hier.