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Aus weniger wird mehr.

 Yoga und ich, wir hatten unsere Auseinandersetzung miteinander, als ich mitten in der Yogalehrerausbildung war. Meine eigene Praxis bestand damals aus Ashtanga Yoga und ich hatte natürlich den Anspruch, jeden Tag zu praktizieren und zwar die ganze erste Serie, also eineinhalb bis zwei Stunden. Hinzu kamen die Ausbildungseineinheiten samt Hausaufgaben, die in zusätzlicher täglicher Yogapraxis bestanden und schließlich auch noch die Vorbereitung meiner Kurse und später die der Yogalehrerausbildung, die ich unterrichtete. Ich wusste irgendwann nicht mehr, wann ich noch essen sollte. Yoga mit vollem Bauch ist keine Wohltat. Mein Leben war Yoga getaktet und ich war unzufrieden, denn ich merkte, wie ich mich von dem, was Yoga eigentlich bedeutet, entfernt hatte. Meine Yoga-Life-Balance war durcheinander gekommen. Wenn man Yoga ernst nimmt, kann es gelegentlich schwierig werden, die Leichtigkeit eines unbeschwerten Lebens beizubehalten. War das aber nicht ursprünglich der Grund, mit Yoga oder Meditation angefangen zu haben?

 

Was ich dann getan habe, war ein großer und wichtiger Schritt für mich: Ich ließ los und hörte auf zu praktizieren. Ich dachte mir, wenn Yoga ein so wichtiger Teil meines Lebens ist, kommt es von selbst zurück – und auf diesen Impuls wartete ich. Währenddessen habe ich für mich überlegt, was Yoga alles ist und was nicht. Ich denke, dass das eine ganz persönliche Definition ist. Für mich beschloss ich Folgendes: körperliches Yoga (egal welcher Stil), Meditation, Yoga Nidra und Pranayama ist Yoga. Außerdem das Lesen yogischer oder spiritueller Basistexte (z.B. das Yogasutra, die Bhagavat Gita). Unterrichten gilt nicht (wichtig!), denn da ist der Fokus auf die Schüler gerichtet und durch das Ansagen atmet man nicht „ordentlich“. Das zum WAS?.

 

Dann das WIE?. Wie lange, wie oft? Als nach wenigen Wochen der Yoga-Impuls wiederkam, habe ich mit mir eine Verabredung getroffen: „Ab jetzt mache ich jeden Tag Yoga.“ Wie lange? „Wenigstens drei Minuten.“ Das ist clever, ein bisschen ein Sichaustricksen. Denn drei Minuten, das ist einmal Zähne putzen, das ist machbar. Drei Minuten sind aber auch wahnsinnig schnell vorbei, da fängt man gerade erst an. Und das ist der Grund, warum aus den drei meist 20 Minuten oder auch eine Stunde oder zwei werden. Die klein gehaltene Basis ist dabei ein wichtiges, liebevolles Fundament, ein guter Boden, auf dem noch mehr wachsen kann. Alles, was über drei Minuten geht, empfinden wir als Erfolg und schafft Motivation dranzubleiben.

 

Wenn (solche Lehrer gibt es) gesagt wird: „Du musst (im Müssen steckt immer schon ein Gefühl der Ohnmacht: keine Wahl haben) dieses eine bestimmte Yoga jeden Morgen um 4 Uhr für zweieinhalb Stunden machen, sonst wirkt es nicht.“, kann daraus nur ein halbherziger Versuch erwachsen. Insbesondere deswegen, weil die Anweisung und damit die Motivation von außen kommt. Kein Schüler sollte Yoga machen, um seinem Lehrer zu gefallen und auf Lob zu warten.

 

Mit mir selbst zu verhandeln, Yoga gehen zu lassen, damit mein Yoga zurückkommen kann, das war ein innerer Prozess, der meinen eigenen Willen aktiviert hat und das Bewusstsein: „Ich tue das für mich.“, begleitet vom Gefühl der Dankbarkeit: „Ich darf Yoga machen!“ Wenn das Müssen dominiert, ist eine Veränderung oder eine Pause angesagt, die zur Neuordnung führt.

 

Die Zeit des äußeren Gurus ist vorbei – be your own Guru!

 

Und frage Dich hin und wieder: „Muss ich zum Yoga?“ oder „Darf ich zum Yoga?“.